Testbericht Saucony Endorphin Pro 3

 

„Aller guten Dinge sind VIER!“

Wenn ein renommierter Laufschuh-Hersteller sein Top-Modell zweimal nur leicht modifiziert und als „Updates“ in den Markt bringt, zeigt dies, dass dieses Modell ausgereift sein musste und eine sehr gute Performance an den Tag zu legen wusste.

So geschehen beim Saucony Endorphin PRO, der in den „Versionen PRO1, PRO2 und PRO+“ jeweils nur „dezent optimiert“ und leicht modifiziert wurde. Der Endorphin PRO (1, 2 & +) konnte als einer der ersten Carbon-Laufschuhe den Nike Topmodellen „Paroli bieten“ und wusste insbesondere durch seine PEBA-Mittelsohle inklusive der innovativen Speedroll-Technologie zu überzeugen.

Doch Saucony geht mit dem Endorphin Pro3 (PRO3)i noch einen Schritt weiter und optimiert sowohl die Speedroll-Technologie, als auch die (komplette) Mittelsohle, welche noch einmal deutlich an Stapelhöhe zulegte und nunmehr das (erlaubte) Maximum der World Athletics fast vollständig ausreizen darf. Ob der PRO3 die Performance der seiner Vorgänger deutlich übertreffen kann, soll der nachfolgende Testbericht zeigen. Shop4runners hat mir den Endorphin PRO3 zur Verfügung gestellt, so dass ich diesen unabhängig von etwaigen Hersteller-Interessen testen konnte.

 

 

OPTIK UND VERARBEITUNG:

Der PRO3 fällt auf!  >>> Positiv! Das Colorway in einem kräftigen „flieder-pink“ (Prospect Quartz) ist optisch wirklich gelungen. Aus es zeigt optisch quasi schon den Einsatzzweck des PRO3 auf:

 >>> R A C E !

Besonders auffällig ist das besonders „luftige“ Mesh-Upper mit großen Poren/Öffnungen. Feine gold-schimmernde Fasern harmonieren besonders gut mit gold-schwarzen Logo und goldenen Zier-Elementen auf der Mittelsohle. Die verwendeten Materialien, sowie die Verarbeitung sind auf sehr hohem Niveau. Für einen Schuh dieser Preisklasse (UVP 250 €) jedoch auch selbstverständlich! Andere Colorways - Black Goldstruck & White Black Vizired - sind auch verfügbar.

 

TECHNISCHE DATEN:

Der Endorphin PRO3 wurde in Sachen „Stapelhöhe“ gegenüber den Vorgänger-Modellen noch einmal deutlich optimiert und erreicht nun (fast) die Grenzen des Erlaubten laut den Vorgaben der World Athletics. Seine Stapelhöhe beträgt nun eindrucksvolle 39,5 zu 31,5 mm, die Sprengung somit 8 mm. Trotz dieser enormen Bauhöhe ist das Gesamtgewicht auf einem fast identischen Niveau. Der PRO3 bringt in US 12,5 (Achtung EU 47!) sehr niedrige 248g auf die Waage und liegt damit quasi auf dem Niveau des Vorgängers und der Top-Carbon Racer der Konkurrenz.

 

TECHNISCHE HIGHLIGHTS:

PWRRUN-PB:

Saucony hat für den PRO3 das hauseigene PEBA-Mittelsohlenmaterial noch einmal optimiert. Meiner Meinung nach hat Saucony hier insbesondere mit dem sogenannten „blowing agent“, zumeist Nitrogen (also Stickstoff) „gezaubert“, um die Mittelsohle noch einmal leichter zu machen und mit einem noch höheren Energy Return zu versehen. Natürlich halt sich der Hersteller aus den USA (gegründet schon 1898 in Kutztown, Pennsylvania an den Ufern des Saucony Creek) hier bedeckt und macht keine konkreten Angaben zu den Verarbeitungs-Prozessen und –Materialien.

Wie schon erwähnt, ist insbesondere das Polyether-Block-Amid (PEBA) in fast allen Top-Racern zu finden, um Dämpfung und Rebound auf TOP-Niveau zu bringen. Auf der Unterseite erkennt man auch die sog. Bläschen-Struktur, die ein wenig an Styropor erinnert. Meiner Meinung nach wurde diese Bläschenstruktur noch einmal „vergrößert und mehr Gas(bläschen) inkludiert“, um trotz gestiegenen Mittelnsohlen-Volumen das Gesamtgewicht „im Zaum zu halten“.

Mission gelungen! Hinweis: Saucony verwendet (wohl) sogar einen Sockliner aus PWRRUN PB. Somit wird dieser Bestandteil des Performance-Konzepts des PRO3.

 

SPEEDROLL-TECHNOLOGY:

Saucony konnte schon beim PRO1 mit dieser Innovation überzeugen. Sie besteht insbesondere aus einer S-förmig gebogenen Carbonfaser-Platte, die vom Rückfluß geschwungen zum Vorfuß verläuft und somit die Abrollbewegung dynamisch unterstützten soll. Die Carbonplatte wird somit beim Abrollen „vorgespannt“ und entlädt sich quasi wie ein Katapult beim Abstoßen.

Unterstützt du das ganze durch eine sogenannte „ROCKER“-Konstruktion (Aufbiegung der Außensohle im Vorfußbereich, die bereits unterhalb des „Metatarsal-Knochens“ (MTP) den Abrollvorgang einleitet.

Hierbei kommt es darauf an, das Zusammenspiel der Rocker-Geometrie mit dem Shaping der Carbonplatte und dem Dämpfungsverhalten des Mittelsohlenschaums optimal aufeinander abzustimmen (dazu unten mehr). XT-900 AUSSENSOHLE: Saucony verwendet (wie bei den Vorgängern) auch beim PRO3 das bewährte XT900-Gummi. Selbiges konnte bereits bei den Vorgängern überzeugen und wird auch beim PRO3 an strategischen Stellen im Rückfußbereich, so wie im Vorfußbereich eingesetzt.

 

CUT-OUTs!

Wie auch bei einigen anderen Herstellern befinden sich beim Endorphin PRO3 teilweise großzügige Cut-Outs im Bereich der Mittelsohle, welche die Carbonplatte freilegen, um das Gewicht zu reduzieren. Hierbei soll die mittige, große Aussparung die Torsionsfähigkeit des PRO3 in den gewünschten Parametern gewährleisten.

Ein weiterer schmaler Cut-Out ist mittig im vor Fußbereich platziert, der auch hier die Carbonplatte freilegt. Diese Aussparungen bergen natürlich ein klein wenig die Gefahr, dass die Carbon-Platte bei Durchschlägen von kleinen oder mittleren Schottersteinen beschädigt werden kann. Allerdings ist mir dies weder beim PRO3 noch bei anderen CarbonRacern mit CutOuts passiert!

 

 

PASSFORM UND UPPER :

Der PRO3 ist angenehm sportlich eng geschnitten (FORMFIT-Design) und besitzt eine sehr gute Schnürung, die insbesondere die Fixierung des wichtigen Mittelfußbereiches sicherstellt. Die Zehen-Box ist ausreichend großzügig dimensioniert. Neben der Schnürung bewirken auch implementierte Verstärkungen (sog. Underlays) sowohl lateral als auch medial eine erhöhte Fixierung des Fußes im Schuh. Man erkennt diese an den Verstärkungen, die um den Vorfußbereich nach hinten führen und sich dort skelettartig „aufteilen“. Der Rückfußbereich und Kragen ist leicht gepolstert und dezent verstärkt. Der Lock-In im Fersenbereich gelingt sehr gut. Die kaum gepolsterte Zunge (welche mit großzügigen runden Belüftungsöffnungen versehen ist) und seitlich vernäht ist, bietet ausreichenden Schutz und Komfort.

Interessant ist insbesondere die Gestaltung des Mesh-Uppers. Der Top-Layer besteht aus einer sehr großporigen, fast schon netzartigen Struktur, die insbesondere die Belüftung auf einem extrem hohen Niveau gewährleistet. Darunter verläuft eine mit feinen, fadenartigen Strukturen hinterlegter Layer, der auch leicht gold-schimmernde Fäden beinhaltet, um i(wohl) sicherzustellen, dass keine kleinen Sandkörner in den Schuh gelangen können. Hinweis: Der PRO3 baut minimal kleiner, so dass man ggf eine halbe Nummer größer kaufen muss.

 

ATMUNGSAKTIVITÄT:

Aufgrund der großporigen Struktur des äußeren Mash-Uppers ist die Atmungsaktivität exzellent. Man merkt bereits leichte Luftstöße und den sog. „Fahrtwind“ signifikant am Fuß. Auffallend ist hierbei insbesondere, dass sogar die Zunge mit drei großen Öffnungen versehen wurde, um auch hier die Belüftung zu maximieren.

 

GRIP:

Auch der GRIP der XT900 Sohle ist auf trockenem Asphalt sehr gut. Läufe auf gut ausgebauten Wald oder Feldwegen ebenfalls. Zwar besitzt der PRO3 ein sogenanntes Micro-Profil, welches bei einer leichten Sandauflage oder geringer Nässe einen ordentlichen Grip vermitteln kann, dennoch würde ich dann (und in engen Kurven) immer etwas Vorsicht walten lassen.

 

STABILITÄT:

Durch die vergrößerte Stapelhöhe auf nunmehr fast 40mm im Rückfußbereich ist die Stabilität gegenüber den Vorgängern leicht reduziert, aber auf einem absolut zufriedenstellenden Niveau. Als Neutral-Schuh ohne signifikante Stütze greift Saucony auf einen kleinen „Trick“ zurück und erhöht die Seitenflanken (sog. Sidewalls) des Mittelsohlenschaums ein wenig, um auch hier einen leicht stützenden Effekt zu erzielen. Ebenso wurde die Breite der Sohle (mittlerer Fußbereich) im Vergleich zum Vorgänger etwas vergrößert. Zusätzlich sorgt der „Early-Rocker“ für einen beschleunigten und damit „leicht stabilisierten Abrollvorgang“.

Natürlich muss man bei sehr engen und Kurven Laufstrecken ein klein wenig Vorsicht walten lassen - dies hat der PRO3i jedoch mit anderen „High Stack“ Super-Shoes gemeinsam.

 

 

DÄMPFUNG UND (LAUF- ) DYNAMIK:

Der Saucony Endorphin PRO3 ist ein gelungener „Schritt nach vorne“! Er verbindet die tolle Dynamik des Vorgängers mit einer erhöhten Dämpfung, gesteigertem Energy-Return und abermals nahezu perfekten Abrollverhalten! Das PWRRUN PB Mittelsohlenmaterial fühlt sich beim Gehen sehr weich an, hat jedoch wie bei den Vorgängern eine leicht straff-direkte aber sehr angenehme Abstimmung. Der PRO3 ist somit etwas direkter als der Vaporfly Next%, jedoch etwas weicher als zum Beispiel der Adidas Adidos Pro2. Meiner Meinung nach eine sehr gelungene Abstimmung!

Man spürt bei leicht erhöhtem Tempo (unter 5 Minuten pro Kilometer), dass der Fuß durch die S-förmig gebogene Carbonplatte quasi auf den Vorfußbereich „fällt“ und dabei die Platte wirksam vorspannt. Beim Abstoßen entlädt sich dann die gespeicherte Energie und sorgt zusammen mit dem responsiven Mittelsohlen-Schaum für einen sehr dynamischen und gelungenen „Push-Effekt“. Hierbei unterstützt der Rocker den Abrollvorgang gekonnt! Je schneller man läuft, desto „spürbarer“ ist dieser Effekt. Ab einer PACE von unter 4min/km geht dann so richtig „die Post ab“ und der PRO3 macht so richtig SPASS. Ich konnte den Schuh „out of the box“ auf LongRuns einsetzen und ihn sowohl bei schnellen Intervallen, als auch bei Tempoläufen einsetzen. Sein Einsatzbereich reicht meiner Meinung nach von 5-42 km.

Exkurs: Performance-Steigerung durch mehr Mittelsohlenschaum

Fakt ist, dass der neue Endorphin Pro3 im Vergleich zu den Vorgängern in Sachen Performance noch einmal einen deutlichen Schritt nach vorne macht. Liegt das allein an einer vergrößerten Stapelhöhe und den 4mm mehr PWRRUN PB-Schaum?? Auf der Hand liegt zum einen, dass 4mm mehr Volumen eben auch mehr „Federweg“ zum Aufladen und zur Energie-Rückgabe ermöglichen. Hierbei spielen natürlich auch die neuen „Super-Foams“ der modernen Carbon-Racer eine große Rolle. Während das früher meist verwendete EVA einen Energy-Return von (lediglich) rund 65% generieren konnte, offerierten nachfolgende TPU-Schäume (z.B. Boost) bereits ca. 75%.

Die modernen PEBA-Schäume (ZoomX, Nitro Elite Foam oder eben PWRRUN PB) erreichen hingegen beeindruckende 85% und mehr! Zusätzlich sind diese Schäume extrem leicht, so dass man eben ohne Gewichtszunahme die Stapelhöhe und damit den o.g. Federweg und auch Energy Return erhöhen kann. Weitere Studien besagen, dass durch einen „höheren“ Schuh die sog. funktionale Beinlänge vergrößert wird und damit auch die Lauf-Ökomomie. Hierbei soll insbesondere eine Vergrößerung der Schrittlänge (STRIDE) vorteilhafter als eine Erhöhung der Schrittfrequenz (CADENCE) sein.

Der Vorteil der Super-Shoes mit großer Stapelhöhe ist derart signifikant, dass sich die WORLD ATHLETICS sich vor ca. 2 Jahren veranlasst sah, die Stapelhöhe von Straßen-/Marathonschuhen auf maximal 40mm zu begrenzen. Und natürlich reizen immer mehr Schuhhersteller diese Möglichkeiten aus. Beim Saucony Endorphin PRO3 ist auf jeden Fall spürbar, dass sich das Laufverhalten signifikant verändert hat und dieser nunmehr auf Augenhöhe mit den „Referenzen“ agiert.

 

KONKURRENZVERGLEICH:

Der PRO3 besitzt eine ähnliche Dynamik wie der Vaporfly Next%, ist aber ein klein wenig direkter abgestimmt. Hier ähnelt er dem bewährten Adidas Adidas PRO2, allerdings erscheint er mir ein klein wenig softer zu laufen. Wenn man so will ist er die „goldene Mitte“ zwischen diesen beiden Erfolgs-Modellen… Ebenfalls auf Augenhöhe begegnet er dem „frisch getesteten“ Puma FASTR NITRO Elite, wobei letzterer durch den teilentkoppelten Rückfußbereich „auf der Ferse etwas stabiler“ beim Abrollen ist. Insgesamt stellen diese vier Schuhe meiner Meinung nach die „Speerspitze“ der Carbon-Racer dar. Nur der Alphafly kann in Sachen „Trampolineffekt“ und Dämpfung noch etwas mehr in die Waagschale werfen, er ist jedoch noch einmal deutlich teurer und etwas schwerer (insbesondere der Alphafly Next% 2).

 

ALTERNATIVEN DES HERSTELLERS:

Wer einen Top-Carbonschuh mit direkter Abstimmung laufen möchte, der etwas mehr an klassische Racing Flats erinnert, ist mit dem Vorgängermodellen Endorphin PRO1, 2 &+ gut bedient. Diese werden aktuell zu günstigen Konditionen als Auslauf-Modelle angeboten. Neben den Vorgängermodellen bieten sich natürlich auch die aktuellen Alternativen der Endorphin Reihe an. Der Endorphin SPEED (2) ist mit einer Nylonplatte versehen und somit eine etwas entschärfte Variante des PRO3 für einen nochmals deutlich günstigeren Preis. Wohingegen der Endorphin SHIFT quasi als Einstiegsmodell mit dem tollen PWRRUN PB-Schaum versehen ist, jedoch keine Carbonplatte besitzt. Insgesamt bietet Saucony mit den drei Endorphin-Modellen eine gelungene Erfolgsserie an, welche immer weiter verfeinert wird. Hier findet man für den täglichen Gebrauch, sowie das ambitionierte Laufen und für den absoluten Race-Erfolg, oder die eigene „PB“ sämtliche Modelle. Interessant sind auch die Trail-Modelle der Endorphin-Reihe: Trail und Edge, sowie der Tempus mit PEBA-Core und stabilisierenden „EVA Ring“.

Hier der Link zu den verfügbaren Saucony-Modellen:

Link SAUCONY Modelle

 

Haltbarkeit:

Nichts zu beanstanden! Nach über 150km waren keine signifikanten Abnutzungen oder Deformationen zu erkennen. Ich traue dem PRO3 durchaus mehr als 500km zu….
Für einen Racer absolut in Ordnung.

 

 

GESAMTFAZIT:

Um es auf den Punkt zu bringen: Mit dem Endorphin PRO3 gelingt SAUCONY ein Performance-Sprung nach vorne!

Mit einer tollen Gesamtperformance erreicht der PRO3 einen verdienten Spitzenplatz unter den Carbon-Racern. Die Verarbeitung ist sehr gut, die verwendeten Materialien hochwertig. Die Atmungsaktivität ist äußerst gelungen und auch der Grip stimmt. Ebenso gelingt es Saucony, mit gezielten Maßnahmen auch die Stabilität auf ein für diese Bauart mehr als beachtliches Niveau zu bringen. Durch die um 4mm angewachsene Mittelsohlen-Konstruktion mit dem tollen PWRRUN PB Mittelsohlenschaum, dem sich harmonisch einfügenden Rocker-Shaping und der intelligent konstruierten S-förmigen Carbonplatte erreicht der PRO3 ein nahezu perfektes Abrollen, eine sehr hohe Dämpfung und einen tollen Energy-Return.

Die Gesamtkonstruktion (Speedroll Technology) beschleunigt den Abrollvorgang wirksam und katapultiert Läufer*innen insbesondere im Highspeed-Bereich förmlich nach vorne. Er ist auf allen Strecken bis hin zur Marathon Distanz sehr gut einsetzbar. Für eine UVP von 250 € erhält man einen absoluten TOP-Performer!

 

FOTOS: eigene